Linda Wolfsgruber
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Linda Wolfsgruber - Naturhistorisches Museum Wien
Dienstag Ruhetag, jedoch an jedem anderen Tag, ist die Ruhe zugänglich, die die hinter den Schaukästen weilt. Schaukästen mit wunderschönem alten Glas, wo der Zustand flüssigen Glases noch erahnbar ist. Wohl möglich, dass auch Kaiser Franz Josef am 10. August 1889, bei der Eröffnung des Museums, durch diese Scheiben geschaut hat. Ruhe weilt meistens auch in den Räumen, wo ich mich aufhalte, mit den Säugetieren, Vögeln, Fischen und den Wirbellosen. Ruhig, in der Zeit verweilend, auch die Aufseher, Herr Wolf, der Dienstälteste, gleicht dem großen Skelett des Riesenwals, Wolfgang Lang, jünger, aber auch jünger im Dienst. Johann Gutmann und Wilhelm Lubenik sind nicht nur Aufseher, sondern auch Präsentatoren des Mikrotheaters. Ruhig auch die vier Damen vom Putzpersonal, alle in hellblaue Schürzen gekleidet. Bläulich das Licht, dass die Räume durchflutet und den präparierten Wesen ein wenig Leben einflößt. Das Licht kommt wohl vom Sonnengott Hellos, der hoch oben auf der Kuppel thront. Bläulich die Atmosphäre, bläulich auch meine Zeichnungen und Bilder. Die Objekte in meinen Zeichnungen werden lebendig, wo hingegen das Leben aus den Fellen, Bälgen, Alkohol- und Eierschalenpräperaten schon längst entwichen ist. „Dem Reiche der Natur und seiner Erforschung“ steht gleich am Haupteingang des Gebäudes, Dank an die vielen HerrscherInnen, SammlerInnen und WissenschaftlerInnen, die dieses Gebäude gefüllt haben. Aber Leben kommt auch heute auf, wenn meine Freunde auf die Objekte treffen; Luise, fast immer in meiner Begleitung, mein erstes und immer wiederkehrendes Motiv, zwischen dem kalten Blau des Nordens, den Seelöwen, Seebären, Seehunden und Robben (Robbenflossen, die mich übrigens immer an die betenden Hände von Dürer erinnern); Bodo Hell vor den Ziegen und Gämsen, als wäre er auf seiner Alm in der Ramsau, Bodo selbst, fasziniert von den Zungenbeinen und den Gehörknöchelchen der Vögel; Soheil, der zwischen Löwen, Eisbären und bunten Vögeln sich nicht entscheiden kann, hätte am liebsten alle neben sich auf dem Bild; Barbara, ungewohnt, aber wunderschön, in ihrem hellen Kleid, extra für dieses Treffen angezogen, steht wie eine lichte Erscheinung, im Gehege der Hirsche; Gino, eher hingezogen, zu den leichten und luftigen Wesen, der Zugvögel und der Schmetterlinge; Eleni, das Kind mit der Zebrajacke, natürlich vor den Zebras (Elenis Vater: „Zebrakinder erkennen ihre Mutter nur an den Streifen“). Im Museum sind die Grenzen zwischen dem Mensch und den präparierten Objekten klar getrennt, Leben und Nicht-Sein, das zweite jedoch auf eine kurze Ewigkeit so präsentiert, dass der Anschein trügt. Dieses Spiel setze ich in meinen Bildern fort, alles wird nun lebendig, und die Grenze zwischen Mensch und Objekt hebt sich auf, alles wird lebendig; Luise / Grüner Leguan / Martina / Schwarzstorch / Soheil / Passionsblumenfalter / Barbara / Kammmuscheln / Eleni / Königspinguin / Franz / Bergeidechse / Bodo / Gayal / Noi / Krauskopf-Arassari / Talita / Marmorzitterrochen / Gino / Perlboot / Isolde / Bergeidechse / Erhan / Magenkiesel